Messe Magazin

Leipzigs Weg zur Handelsmacht: Die Geschichte der Messeprivilegien

Die Geschichte der Leipziger Messen ist untrennbar mit dem Streben der Stadt nach wirtschaftlichem Wachstum und dem Schutz ihrer Handelswege verbunden. Das Messeprivileg und der Schutzbrief Leipzig machten die Stadt einst zum bedeutendsten Messeplatz Europas. Ein Status, der auf kluger Politik, herrschaftlicher Gunst und innovativem Sicherheitsdenken beruhte.

Inhaltsverzeichnis

Die Anfänge: Schutz durch einen Geleitbrief

Leipzig war bereits im 13. Jahrhundert ein bedeutender Handelsort. Die Stadt hatte seit ihrer Gründung 1165 einen Markt, den der „Leipziger Stadtbrief“ – faktisch die Geburtsurkunde der Stadt – mit einer Bannmeile vor Konkurrenz schützte. Das bot aber noch keine Sicherheit vor den Räubern oder Raubrittern, die im Mittelalter die Straßen unsicher machten. Um dieser Gefahr zu begegnen, sicherte der Markgraf Dietrich von Landsberg im Jahr 1268 den nach Leipzig reisenden Kaufleuten freies Geleit und Schutz zu. Notfalls wollte er diese mit eigenen Truppen absichern. Dieser „Geleitsbrief“ war ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber der Händlergilde und galt sogar für Kaufleute aus Gebieten, die mit dem Markgrafen in Konflikt standen. Für die Händler bedeutete der Schutz Planungssicherheit, für die Stadt einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Handelsplätzen in der Region.

Fotografie eines Privilegs von Dietrich von Landsberg von 1268.
Bildnachweis: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig/ Krömer, Eduard/ Inv.-Nr. F/X/15

Das erste Privileg von 1497

Im späten 15. Jahrhundert spitzte sich der Handelskonflikt mit den umliegenden Städten zu. Vor allem Erfurt und Halle hatten sich zu ernstzunehmenden Rivalen entwickelt. Die Reaktion: eine Politik der Privilegien. Auf Bitten des sächsischen Landesherrn Albrecht von Sachsen bestätigte der römisch-deutsche König und spätere Kaiser Maximilian I. im Jahr 1497 das Recht Leipzigs, jährlich drei große Jahrmärkte abzuhalten. Doch das reichte dem städtischen Rat noch nicht. Der Grund: Kaufleute, die auf dem Weg in die Stadt waren, konnten in anderen Handelsstädten nach wie vor gezwungen werden, ihre Güter auch dort anzubieten oder eine bestimmte Zeit einzulagern. Das änderte sich mit dem zweiten königlichen Privileg.

Leipziger Messe im Jahr 1497. Messeprivileg Maximilans I.
Bildnachweis: SGM Leipzig/Erich Gruner, Inv.-Nr. PK 228/1

Das entscheidende Privileg von 1507

Das Privileg von 1507 war der entscheidende Wendepunkt für die Entwicklung Leipzigs zum größten deutschen Handelsplatz für den Güterverkehr zwischen Ost- und Westeuropa. König Maximilian erweiterte damit einerseits die Bannmeile um die Stadt erheblich. Von nun an durften im Umkreis von „15 preußischen Meilen“ (heute circa 112 Kilometer) keine konkurrierenden Messen mehr stattfinden. Der Termin-Streit um die Märkte wurde zugunsten Leipzigs entschieden. Halle und Erfurt verloren ihre Bedeutung als Jahrmarktsplätze in der Region.

Außerdem garantierte das Privileg allen Handelsreisenden im gesamten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation auf dem Weg nach Leipzig königlichen Schutz. Alle Reichsstraßen mussten für den Warenverkehr nach Leipzig offen bleiben. Außerdem wurde das Umfahren der Stadt untersagt. Damit waren Händler verpflichtet, ihre Waren in Leipzig zu wiegen, zu verzollen und mindestens drei Tage zum Verkauf anzubieten. Verstöße gegen diese Bestimmungen wurden als Landfriedensbruch gewertet und mit der Reichsacht, dem schwersten Bann des Reiches, bedroht. Zusätzlich wurde bei Verletzung des 15-Meilen-Privilegs eine hohe Geldstrafe von „50 Mark lötigen Goldes“ fällig. Das entsprach umgerechnet rund 12 Kilogramm Gold.

Kaiserliches Privileg für die Stadt Leipzig von 1507.
Bildnachweis: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig/ Lit.-Nr. s002743

Entwicklung Leipzigs: Privilegien, kluge Stadtpolitik und päpstlicher Segen

Die Privilegien von 1497 und 1507 waren entscheidende Meilensteine auf Leipzigs Weg zum erfolgreichsten Handelsplatz der Region. Sie untermauern den Standortvorteil, den die Stadt durch ihre günstige Lage ohnehin hatte. Zusammen mit einer klugen kommunalen Politik und der Unterstützung durch die Landesherren legte Leipzig so die perfekte Basis für alle weiteren Entwicklungen. Als Papst Leo X. im Jahr 1514 sämtliche Privilegien der Leipziger Jahrmärkte bestätigte, wurde der Stadt obendrein auch noch der höchste geistliche Segen zuteil.

Handelspolitik, die bis heute Früchte trägt

Die Bemühungen der Stadt Leipzig, sich durch Messeprivilegien, Bannmeilen und Schutzbriefe den nötigen wirtschaftlichen Freiraum von höchsten Würdenträgern anerkennen zu lassen, haben sich ausgezahlt. Sie begründeten die Entwicklung der Stadt zu einem entscheidenden Handelsdrehkreuz zwischen Ost- und Westeuropa. Sie schufen Sicherheit und Exklusivität für den Messestandort Leipzig und sind die Basis für die heutige Bedeutung der Leipziger Messe.

 

Im Jahr 2025 feiert die Leipziger Messe das Jubiläum „860 Jahre Leipziger Messen“. 

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